Asylrechtsverschärfung stoppen! Demo am 5. Dezember
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Stoppt die drohende Verschärfung des Asylrechts! Für eine wirkliche Bleiberechtsregelung für langjährig Geduldete!
Demonstration am Freitag, 5. Dezember 2014, 14 Uhr, Potsdamer Platz
Die Bundesregierung wird am 3. Dezember einen Gesetzesentwurf mit dem sperrigen Titel „zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung“ veröffentlichen. Doch die angekündigte Bleiberechtsregelung für langjährig Geduldete wird so gut wie keinem der Betroffenen zugute kommen. Stattdessen stellt dieses Gesetz die umfassendste Verschärfung des Asylrechts seit 1993 dar. Alle Flüchtlinge im Dublin-Verfahren, die in einem anderen EU-Land registriert sind, sollen in Abschiebungshaft gesperrt werden. Das betrifft gut ein Drittel aller Flüchtlinge.
Geduldete Flüchtlinge in der Geiselhaft der Staatsräson
In Deutschland leben 95.000 Flüchtlinge mit dem Status der „Duldung“, davon über 22.000 schon seit mehr als 10 Jahren. Der Staat will sie abschieben. Er kann dies jedoch nicht, weil es „Abschiebehindernisse“ gibt, etwa weil der Pass fehlt. Seit Jahrzehnten wird ein Krieg gegen die Geduldeten geführt. Ihr Leben soll so unerträglich wie möglich gemacht werden, um sie zur „Mitwirkung“ bei der Passbeschaffung zu erpressen. Sie werden mit Arbeitsverbot und „Residenzpflicht“ belegt, müssen in Lagern wohnen und erhalten gekürzte Sozialleistungen. Sie sind zu einem Vegetieren außerhalb der Gesellschaft verdammt, ohne Chancen und Perspektiven.
Aus einem Interview mit einem Flüchtling, der seit 1996 in Sachsen-Anhalt lebt, auf Duldung:
Was erhoffst du dir von deiner Zukunft?
Ich bin hier, seit ich 18 bin, ich habe meine ganze Jugend hier verbracht und heute habe ich keine Zukunft mehr.
Immer wieder gab es Forderungen nach einem Bleiberecht für langjährig geduldete Menschen, doch alle bisherigen Bleiberechtsregelungen kamen nur einer kleinen Gruppe zugute. Der Großteil wurde ausgeschlossen: Weil sie angeblich ihre „Mitwirkungspflichten“ verletzten. Der Law-and-Order-Machtblock aus Politik, Verwaltung und Justiz beharrt auf einem spezifisch deutschen Rechtsfundamentalismus. Wer jemals falsche Angaben zur eigenen Identität gemacht hat, dürfe nicht mit einem Bleiberecht belohnt werden. Wer hingegen die Mitwirkungspflichten bei der Passbeschaffung erfüllt, wird mit Abschiebung „belohnt“.
„Fluchtgefahr“ / „Einreisesperren“ / „Vollzugsdefizite“
Im April 2014 hatte das Bundesinnenministerium (BMI) einen Referentenentwurf vorgestellt, der sich in das lang gehegte Projekt zur „Beseitigung von Vollzugsdefiziten“ einreiht. Damit meint das BMI, dass es immer noch zu wenige Abschiebungen gebe, dass die öffentliche Meinung, die Bewegung der Betroffenen und die Gerichte immer wieder Abschiebungen vereiteln würden. Und sie haben ein Mittel ersonnen, um dem abzuhelfen: Abschiebungshaft soll die Regel werden für alle Flüchtlinge, die in einem anderen EU-Land registriert wurden.
„Eine Perfidie in Paragrafenform“ (Heribert Prantl, Süddeutsche Zeitung)
Zentral in diesem komplizierten Paragrafenwerk ist die Neudefinition von „Fluchtgefahr“, bei der Abschiebungshaft angeordnet werden muss. Dazu wird ein Katalog von Fallkonstellationen aufgestellt, mit denen so gut wie alle Flüchtlinge im Dublin-Verfahren getroffen werden, darunter:
- Wer ein anderes EU-Land verlassen hat, „bevor ein dort laufendes Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz abgeschlossen wurde“ – Fluchtgefahr! – Inhaftierung aller Flüchtlinge im Dublin-Verfahren.
- Wer „unter Umgehung einer Grenzkontrolle eingereist ist“ – Fluchtgefahr! – Inhaftierung aller Dublin-Flüchtlinge, die ohne Visum nach Europa eingereist sind.
- Wer „über seine Identität getäuscht hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten, oder das Vorgeben einer falschen Identität“ – Fluchtgefahr! – Inhaftierung aller Dublin-Flüchtlinge ohne Pass.
- Wer „Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität verweigert oder unterlassen hat“ – Fluchtgefahr! – Beugehaft für alle Dublin-Flüchtlinge, die an ihrer Abschiebung nicht mitwirken.
Einreisesperre für Schengenland
Ein weiteres Instrument soll die Ausweitung von Einreisesperren für den Schengen-Raum sein. Nicht mehr einreisen darf, wer „seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist“ oder wer „in das Bundesgebiet eingereist ist, um öffentliche Leistungen zu beziehen“. Wem dies unterstellt wird, wird auch gleich definiert: Allen, deren Asylanträge abgelehnt wurden
- als „unzulässig“ (alle Dublin-Fälle),
- als „unbeachtlich“ (weil bereits in anderen EU-Staaten als schutzberechtigt anerkannt)
- als „offensichtlich unbegründet“ (weil aus einem „sicherem Herkunftsstaat“ oder weil den Flüchtlingen ihre Asylgründe nicht geglaubt wurden).
Es ist uns allen noch im Gedächtnis, wie im September 2014 dank der Stimme des grünen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg Kretschmann im Bundesrat drei Westbalkanstaaten zu „sicheren Herkunftsländern“ erklärt wurden. In Kombination mit der „Einreisesperre“ bedeutet dieser „Asylkompromiss“: Asylsuchende aus den Westbalkanstaaten können diese Länder nicht mehr verlassen. Um sie herum ist Schengenland und hier gilt die Einreisesperre.
Eine weitere Konsequenz: Arbeitsverbot für alle, deren Asylanträge als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt wurden. Der vorgebliche Gewinn des sogenannten Asylkompromisses 2014 – die Aufhebung des Nachrangigkeitsprinzips bei der Arbeitserlaubnis nach 15 Monaten Aufenthalt – löst sich ins Nichts auf.
Der neue Gesetzesentwurf: Bleiberecht für niemand
Es überrascht nicht, dass von der geplanten Bleiberechtsregelung, umstellt von Abschiebungshaft, Einreisesperre und Arbeitsverbot, nichts übrig bleibt. Formal ist es noch die lang geforderte „stichtags- und altersunabhängige“ Bleiberechtsregelung, aber in Anspruch nehmen kann sie niemand.
- Wessen Asylantrag als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt wurde, bekommt Arbeitsverbot und kann die Anforderung „eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts“ nicht erfüllen. Kein Bleiberecht!
- Wer „seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisepflicht nachgekommen ist“: Einreisesperre! Kein Bleiberecht! Das trifft alle Geduldeten.
- Wer wegen einer Straftat, und seien es Bagatelldelikte, verurteilt wurde: Kein Bleiberecht!
- Wer „die Aufenthaltsbeendigung durch vorsätzlich falsche Angaben, durch Täuschung über die Identität oder Staatsangehörigkeit oder Nichterfüllung zumutbarer Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen verhindert oder verzögert“: Kein Bleiberecht!
Auch wenn wir nicht wissen, wie sich der Gesetzesentwurf am 3. Dezember 2014 vom vorliegenden Referentenentwurf unterscheiden wird, eins ist sicher: Angesichts der drakonischen Maximalpositionen des Referentenentwurfs werden alle Abmilderungen als Wohltaten erscheinen, mit denen die mitregierende SPD ihren „Verhandlungserfolg“ verkaufen will. Auch eine Herrschaftstechnik.
Wir befinden uns am Vorabend einer einschneidenden Verschärfung des Asylrechts, einer massiven Verschlechterung der Rechte und Lebensbedingungen von Flüchtlingen. Es ist nicht der erste Versuch des Law-and-Order-Machtblocks, das Asylrecht auszuhebeln. Sie sind Wiederholungstäter. Stoppen wir sie!
Keine Verschärfung des Asylrechts! Für eine menschenwürdige Asylpolitik!
Weg mit Arbeitsverbot, Einreisesperren, Abschiebungshaft und allen Instrumenten aus dem Arsenal der Abschiebung!
Für ein Bleiberecht für langjährig Geduldete! Ohne Ausschlussgründe und für alle!
Im Rahmen der bundesweiten Aktionswoche gegen die Verschärfung des Asylrechts 1.-7.Dezember (migrationsgesetze.info)
Veranstalter: Bündnis gegen Lager Berlin/Brandenburg, Initiative gegen Abschiebehaft, Medibüro Berlin, Borderline Europe, Women in Exile & Friends, FelS
- en -
A real right to stay for refugees who lived over many years with „Duldung“!
Demonstration on Friday, December 5, 2014, 14clock, Potsdamer Platz
The Federal Government will publish a proposal for a new bill in early December with the cumbersome title „to redefine residency rights and the termination of residence“. But nearly nobody will benefit from the announced right to stay for refugees who lived over many years with „Duldung“ Instead, the changes in the law turn out to be the most comprehensive tightening of asylum law since 1993. All Refugees in the Dublin procedure, who registered in another EU country are to be locked up in detention. This applies to around one third of all refugees.
And for the approximately 95,000 refugees with the status of „Duldung“ nothing will change for the better. Their life will be made as unbearable as possible in order to press them to cooperate with their own deportation. They get work ban, Residence obligations, reduced social benefits and sometimes have to live for decades in camps. They are doomed to live an inhuman life outside the society without opportunities and perspectives.
No tightening of asylum law!
For a human asylum policy!
Abolish work bans, entry barriers and deportation!
Right to stay for refugees who lived over many years with „Duldung“! Without Exclusion and for all!
You can find a longer version of this call here!
The demonstration is part of the nationwide week of action against the tightening of asylum law: december 1st to 7th (migrationsgesetze.info)
- fr -
Pour de vraies mesures de régularisation pour les Geduldete de longue date!
Manifestation le 5 décembre 2014 à 14h00, Potsdamer Platz
Le 3 décembre 2014, le gouvernement fédéral publiera un projet de loi intitulé „pour une nouvelle réglementation de la régularisation et de la fin de séjour“. Les nouvelles mesures de régularisation ne s‘appliqueront cependant à personne, sinon à une infime minorité. Cette loi constitue au contraire le durcissement le plus important du droit d‘asile depuis 1993. Tous les réfugiés concernés par la procédure Dublin, c‘est-à-dire enregistrés dans un autre pays de l‘UE, devront être internés en centre de rétention. Cela concerne au moins un tiers de l‘ensemble des réfugiés.
Pour les 95 000 réfugiés qui vivent sous le régime de la „Duldung“ en Allemagne (suspension provisoire de l‘expulsion), les nouvelles propositions annoncent un clair durcissement. La vie de ces personnes doit être rendue aussi pénible que possible pour les inciter à „coopérer“ à l‘émission de leur passeport. Ils sont pénalisés par une interdiction de travailler, une réduction des aides sociales et le „Residenzpflicht“ (restriction géographique) et doivent loger dans des camps. Ils sont condamnés à végéter en dehors de la société, sans aucunes chances ni perspectives.
Pas de durcissement du droit d‘asile!
Pour une politique d‘asile respectueuse de l‘être humain!
En finir avec les interdictions de travail, les interdictions d‘entrer sur le territoire et les centres de rétention!
Pour la régularisation des Geduldete de longue date! Sans clauses d‘exclusion et pour tous!
Ici, vous trouverez une version plus longue de l'appel.
Dans le cadre de la semaine nationale d'action contre le durcissement de l'asile du 1er au 7 décembre (migrationsgesetze.info)