Redebeitrag 1. Mai-Demo 2003

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Hallo allerseits.

Bevor ich wirklich anfange, will ich euch alle einladen zur Aktion “Mit Speed gegen Krieg”. Am kommenden Sonnabend, 3.Mai, um 13 Uhr geht es am Hackeschen Markt los, mit Fahrrädern und allem, was sonst so rollt. Der militärische Erfolg der USA im Irak hat Aktionen gegen die Kriegspolitik der G8-Staaten keineswegs überflüssig gemacht!

Aber jetzt zum Thema.

Es ist so schön: Für einige Wochen im April dreht sich der kleine linke Planet für alle gleich. Um ein Ereignis, über das in der Parallelwelt da draußen nur in Statistiken gesprochen wird: Wie hoch ist der Sachschaden? Wie viele Festnahmen? Wie viele verletzte Polizisten? Oh ja, der erste Mai ist aufregend, er ist heiss und er ist heute!

Ab morgen ist wieder Alltag. Ab morgen werden wir vom grössten Teil der 1.Mai-Gruppen bis zum nächsten Jahr nicht mehr viel hören...

Es kommt nicht von ungefähr, dass man in ihren Aufrufen den Umbau der Sozialsysteme vergebens sucht – den umfassendsten in der Geschichte der BRD. Oder ein Statement über die Kürzungsorgien, die uns in Berlin das Leben schwer machen. “Maifestspiele rein, Alltag raus!” heisst ihre Devise.

Wir finden: Linker Widerstand muss im Alltag wieder sichtbar werden.
Wir sagen: Berlin umsonst!

Jetzt fragt ihr euch vielleicht: War alles umsonst? Nein, ganz im Gegenteil. Nicht umsonst genug! Uns dröhnen schon die Ohren vom Mediengetrommel, dass alle sparen müssen, dass es ohne harte Einschnitte ins soziale Netz nicht weitergeht etcetera etcetera. Ich weiss nicht, wie viele heute hier sind, die das wirklich glauben. Wird der Kapitalismus wirklich nett zu uns sein, wenn wir noch einen Finger mehr hergeben?

Wir finden, es ist an der Zeit, in all dem Jammertal der Sachzwangdebatten wieder auf ein paar alte bekannte Tatsachen zu verweisen. Nein, der Staat ist nicht pleite, sondern er verteilt weiterhin Geld von unten nach oben. Nein, der Staat ist nicht geschaffen worden, damit es uns allen hier gut geht, sondern um diese Art der gesellschaftlichen Reichtumsproduktion zu sichern. Nein, wir betteln nicht um Almosen, wenn wir sagen, dass wir genug davon haben.

Manchmal scheint es fast, als interessierten sich für die sogenannte soziale Frage nur Gewerkschaften und die diversen sozialdemokratischen Parteien. Seit einiger Zeit gibt es aber Versuche, das zu ändern und eine Position links davon wieder lebendig zu machen. Das Berliner Anti-Hartz-Bündnis mobilisiert schon einige Monate gegen die Regierungspolitik der Sozialkürzungen auf Bundesebene. In Berlin trifft sich ausserdem seit ein paar Wochen ein “Berliner Sozialforum” – ein Anfang. Wir wollen diesem Anfang ein bisschen Pfeffer verpassen. Wir sagen: Schluss mit der Debatte darüber, wie der Staat besser sparen könnte, Schluss mit dem schlechten Gewissen, aber auch Schluss mit der Hoffnung, irgendwer sonst würde die Dinge schon richten.

Gegen Kürzungen und Sachzwanglogik setzen wir das Recht auf ein schönes Leben.
Der rotrote Senat sagt Schluss mit diesem, Schluss mit jenem!
Wir sagen: Schluss mit Schluss! Genug gespart: Berlin umsonst!!!

Die Kampagne “Berlin umsonst” bedeutet: Machen wir die Stadt auf für freies Fluten:

  • für Bewegungsfreiheit
  • für Nulltarif in Bus und Bahn
  • für die Rückeroberung der Straßen und Plätze
  • für den freien Zugang zum sozialen und kulturellen Leben

Nehmen wir uns die Stadt zurück!

In diesem Sinne: Heraus zum revolutionären 2.Mai bis 30.April!
Beteiligt euch an den Aktionen der Kampagne, denkt euch selbst welche aus, werdet aktiv!

Her mit dem schönen Leben – Berlin umsonst!

(Begeisterungsstürme abwarten)

Zuletzt noch ein Hinweis in eigener Sache. Dieser Redebeitrag wird auch auf der anderen revolutionären 1.Mai-Demo vorgetragen. Vielen Dank.