Asyl in einem Land freier Wahl!
Aufruf zu parallelen Protestkundgebungen in Berlin und Nürnberg am Freitag, 13.11.2009
Über 100 jugendliche Flüchtlinge, eingepfercht in einer engen Zelle, schreien ihre Wut und die Forderung nach sofortiger Freilassung in die Kamera. "Voices of Pagani", die Filmsequenzen, in denen Flüchtlinge mit einem eingeschmuggelten Aufnahmegerät ihre Situation in einem unmenschlichen Internierungslager auf der griechischen Insel Lesbos dokumentieren, gehen Ende August während eines Nobordercamps via youtube und über mehrere TV-Kanäle rund um die Welt.
Gleichzeitig stecken Tausende von Flüchtlingen und MigrantInnen obdachlos in Athen fest, der Zugang zum dortigen Asylverfahren ist im seltensten Fall gegeben, die Anerkennungsquote liegt bei unter 2 %. All das zeigt eindrücklich, was die griechische Regierung unter Flüchtlingsschutz versteht. In dieses Land werden dennoch immer wieder Flüchtlinge aus Deutschland und anderen EU-Ländern abgeschoben. Grundlage ist das europäische Asylzuständigkeitssystem, auch kurz Dublin II genannt.
Dublin II – Instrument der Asylverweigerung
Indem Flüchtlinge verpflichtet sind, im EU-Land ihrer ersten Registrierung Asyl zu suchen, kommt es mittlerweile jedes Jahr zu Tausenden von Dublin-Rückführungen. Die westeuropäischen Staaten, allen voran deutsche und französische Regierungen, haben Dublin II systematisch vorangetrieben und mit einem europäischen Fingerabdrucksystem perfektioniert, um über Land und See einreisenden Flüchtlingen den Zugang nach Westeuropa zu verweigern. In der Konsequenz sehen sich Flüchtlinge z.B. aus Afghanistan, Irak oder Somalia, die sich über die ägäischen Inseln und Athen doch irgendwie zu ihren Verwandten und Bekannten nach Nord- oder Westeuropa durchgeschlagen haben, mit Inhaftierung und Rückschiebung nach Griechenland konfrontiert. Ausgenommen wurden in Deutschland mittlerweile unbegleitete Minderjährige, Familien mit Kindern und kranke Menschen – allerdings erst nach starken Protesten.
Verantwortliche in Berlin und Nürnberg
Das Bundesinnenministerium in Berlin trägt neben verschiedenen EU Institutionen die politische Verantwortung für die Dublin-Abschiebungen, denn aus dem BMI kommen die zentralen Weisungen. Die Vernetzung der deutschen Regierung mit internationalen Botschaften ist von Vorteil, denn so können Vereinbarungen gebündelt an Außengrenzen weitergegeben werden. Was hier entschieden wird, setzen Bundesamt, Bundespolizei und auch der europäische Grenzschutz (mit Hilfe von Frontex) um. Darüber hinaus ist im deutschen Asylverfahrensgesetz geregelt, dass ein Asylantrag - einmal gestellt - unwiderruflich und damit Dublin II für Migrant_Innen unumgehbar ist. Es gibt kein Entkommen und auch kein Ankommen.
Im Nürnberger Bundesamt für Migration steuert das Referat 430 die gesamten Dublinverfahren und bearbeitet Fälle mit grundsätzlicher Bedeutung. Hier werden Dienstanweisungen erarbeitet und grundlegende Absprachen mit den EU-Mitgliedstaaten getroffen.
Dublin II auf der Kippe?
Nach ersten Entscheidungen auf Verwaltungsgerichtsebene hat Anfang September erstmals das Bundesverfassungsgericht einem entsprechenden Eilantrag eines irakischen Mannes stattgegeben und die geplante Abschiebung nach Griechenland untersagt. Weitere Beschlüsse aus Karlsruhe und anderen Gerichten folgten. Nichtsdestotrotz weigern sich das Bundesinnenministerium und das Bundesamt für Migration bislang, die Dublin-Abschiebungen nach Griechenland generell aufzuheben.
Abschiebungen um jeden Preis erscheint einmal mehr als Devise einer Regierung, die als treibende Kraft für die militarisierte Vorverlagerung der Migrationskontrolle und für eine Abschreckungspolitik verantwortlich ist, die tausende Tote an den Außengrenzen einkalkuliert. Doch der öffentliche Druck ist in den letzten Wochen gewachsen, die Dublin-Abschiebungen nach Griechenland auszusetzen. Schäuble geriet unlängst mit der griechischen Regierung in Streit, als er dieser vorwarf, Dublin II zu gefährden. Weitere Mittelmeerstaaten stellten sich auf die Seite Griechenlands und forderten eine Neugestaltung der europäischen Flüchtlingsaufnahme.
Genau jetzt ist es nötig, den Druck zu erhöhen. Deshalb rufen wir dazu auf, am Freitag, dem 13.11.2009, gleichzeitig bei den verantwortlichen Stellen in Berlin und Nürnberg zu protestieren. Damit eine vorübergehende Aussetzung der Dublinverordnung nicht von dem eng geschnürten Korsett europäischer Migrationspolitk ablenkt. Um kontinuierlich den repressiven und menschenunwürdigen Habitus abzubauen, verlangen wir offene Grenzen für alle- in Deutschland und anderswo.
Sofortiger Stopp aller „Dublin“-Abschiebungen nach Griechenland!
Darüber hinaus fordern wir:
Aufhebung der Dublin-II-Verordnung!
Zugang zum Asylverfahren in einem Land freier Wahl!
Offene Grenzen für Alle!
Für eine linke Strömung (Fels)
kein mensch ist illegal Hanau
transact! Berlin
Flüchtlingsinitiative Brandenburg (FiB)
http://transact.noblogs.org/
http://www.fi-b.net/