BIMA-Verkäufe stoppen!
Schon seit Monaten regt sich in Berlin Unmut über die Politik der BIMA, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben. Diese besitzt etwa 5.000 Wohnungen in der Bundeshauptstadt und will in den nächsten Jahren die Mehrheit davon verkaufen - höchstbietend, was für die BewohnerInnen drastische Mieterhöhungen, Luxussanierung und Vertreibung bedeuten würde. Am 28. Oktober 2014 fand dazu ein Vernetzungstreffen von Mieter_innen aus Kreuzberg, Reinickendorf, Schöneberg und Neukölln statt. Eingeladen hatte im Rahmen einer Aktionswoche der "Berliner Ratschlag", ein Bündnis von Initiativen und Gruppen, die seit einem Jahr gegen Privatisierung, Wohnungskrise und für ein "Recht auf Stadt" mobil machen.
Auf der mit über 40 Leuten gut besuchten Veranstaltung in einem Weddinger Nachbarschaftszentrum standen neben der Berliner Mietergemeinschaft mit ihren bewährten Angeboten zur Rechtsberatung und Vertretung vor allem zwei Initiativen im Mittelpunkt - die Mieter_innengemeinschaft "IG GroKA" aus Schöneberg, benannt nach den Straßenzügen Großgörschen- und Katzlerstrasse, sowie das Bündnis "Stadt von Unten" das um ein Gelände in Kreuzberg kämpft .
Das Bündnis verlangt, dass ein ehemaliges Kasernenareak von 50.000 Quadratmetern im Sinne einer sozialen Stadtentwicklung gestaltet und bebaut wird. Das Gelände liegt hinter dem Finanzamt am Mehringdamm, einst erbaut als Kaserne des "Garde-Dragoner-Regiments". Dort könnte sich nun die Chance bieten, im hippen Bergmannkiez endlich wieder Mietraum für Normal- und Geringverdiener zu schaffen. Doch die BIMA weigert sich stur, und forciert den Verkauf zum Höchstpreis. Das aktuelle Gebot beträgt 36 Millionen Euro. Ein Spekulationspreis für Hedgefonds mit Maximalrenditen, nicht für soziale Stadtentwicklung - selbst der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg steht solchen Investorenplänen kritisch gegenüber.
Bei der IG GroKA aus Schöneberg geht es dagegen um die Existenz - ihr Haus gehört der BIMA und soll meistbietend verkauft werden. Durch energisches Engagement erst auf Bezirks-, dann auf Landesebene und schließlich bis in den Bundestag hinein hat die Initiative von nur 50 Mieter_innen inzwischen ihr Anliegen bekannt machen können und Handlungsdruck erzeugt. Auch konkrete Angebote konnten gab es: zusammen mit einer örtlichen Genossenschaft bot die GroKa 4,8 Mio Euro für ihr Haus. Doch ohne Ergebnis: die BIMA verlangt 7,1 Millionen - ein Spekulationspreis, der mit den aktuellen Mieten nicht zu refinanzieren ist. Luxussanierung oder Umwandlung in Eigentum sind die einzigen Möglichkeiten, um derartige Preise zu bieten - beides bedeutet die Vertreibung der Mieter_innen. Die Entscheidung ist für Schöneberg noch nicht gefallen, ohne zusätzlichen Druck jedoch ist hier kein Erfolg in Sicht - und dies, obwohl alle Berliner Bundestagsabgeordneten sich mittlerweile für ein Verkaufsmoratorium, also einen Verkaufsstopp und eine Lösungssuche stark machen. Doch die BIMA bleibt stur, und hinter ihr steht Finanzminister Schäuble, der ohne Abstriche am "Hochstbieterverfahren" mitsamt seinen Spekulationspreisen festhalten will.
Auf der Veranstaltung am 28.10. kamen nun erstmals nicht nur Leute aus Schöneberg und Kreuzberg zusammen, sondern im Publikum saßen auch Mieter_innen aus BIMA-Wohnungen in Neukölln und insbesondere aus zwei Großsiedlungen in Reinickendorf, der Cité Foch und Cité Pasteur. Letztere wurden ursprünglich als Wohngebiet für die französischen Streitkräfte in Berlin errichtet, sind mittlerweile von PrivatmieterInnen bewohnt - und sind beide ebenfalls zum Verkauf ausgeschrieben.
Insbesondere in der Citè Foch hatte sich einiges aufgestaut - neben Debatten über anhaltenden Fluglärm ging es um die Verwahrlosung von Infrastruktur und leerstehenden Gewerbeflächen. Eine Petition hatte man bereits gestartet, die Mehrheit der Bewohnerinnen unterschrieb - und bekam das Anliegen mit dem Stempel "Annahme Verweigert" zurück. . Nachdem zunächst unklar blieb, wer in Reinickendorf zuständig sei und was zu tun wäre, wurde nach einiger Debatte klar: Die Verwahrlosung steht zwar im Zusammenhang mit den Verkaufsplänen, doch nur mit einem energischen Protest gegen den Ausverkauf der Siedlungen lässt sich das eigentliche Problem angehen. Denn das sitzt nicht in der Hausverwaltung Reiser, von der zahlreiche BIMA-MieterInnen in Berlin die eine oder andere Schauergeschichte erzählen können, sondern im Verkauf liegt die eigentliche Bedrohung, sie wird das Leben in den Wohnungen unbezahlbar machen. Durchaus beeindruckt blickten MieterInnen aus den anderen Bezirken nach Schöneberg, wo ein "Annahme verweigert" nicht mehr denkbar ist und der Protest bis in den Bundestag gehört wird. Eine Folgeveranstaltung in Reinickendorf wurde daher gleich vor Ort geplant. Doch auch in Schöneberg ist das Ziel der Initiative GroKa nicht erreicht - dort verhandelt die BIMA weiter, ignorierte das Kaufangebot der Mieter_innen und bereitet momentan die Privatisierung zum Höchstpreis vor. Es muss also mehr passieren, bis Finanzminister Schäuble und die Bundestagsabgeordneten aus CDU und SPD ihren Kurs ändern. Denn während sich Linkspartei und Grüne bereits für einen Verkaufsstopp der BIMA-Liegenschaften erklärten, verlangt eine Gruppe von neoliberalen Hardlinern um den CDU-Abgeordneten und Reserveoffizier Norbert Brackmann das Festhalten am Höchstpreisverfahren.
Es steht daher zu hoffen, dass dem Weddinger Treffen tatsächlich weitere folgen, dass die Proteste in Kreuzberg, Schöneberg auch in Reinickendorf NachahmerInnen finden - und vor allem, dass auch in anderen Städten der BRD MieterInnen und Anwohner anfangen, sich über die Zukunft der BIMA-Objekte Gedanken zu machen. Die Liste der zum Verkauf stehenden Objekte ist im Internet einsehbar - doch vorgewarnt oder auch nur benachrichtigt wird niemand. Eigeninitiative und Protest sind gefragt, bevor nichts mehr zu ändern ist.
Zum Weiterlesen:
BiMA Homepage:
www.bundesimmobilien.de
Bündnis "Berliner Ratschlag":
http://berliner-ratschlag.org/
Initiative Stadt von Unten:
http://stadtvonunten.de/
Initiative GroKa aus Berlin-Schöneberg:
http://www.ig-groka.de/